Gunnar Schupelius (B.Z.) gegen Akzeptanzkampagne
19.02.2010: Gunnar Schupelius wettert in der BZ gegen die Berliner Kampagne für die Akzeptanz sexueller Vielfalt. Hier meine Antwort an ihn:
Guten Tag Herr Schupelius,
warum machen Sie Stimmung gegen eine Sache, von der Sie ganz offensichtlich keine Ahnung haben?! Dem schwulen Überfalltelefon maneo werden jährlich bis zu 400 Fälle von homophober Gewalt oder Beleidigungen gemeldet. Auch die Lesbenberatung hat eine stark ansteigende Zahl von Meldungen, die in den dreistelligen Bereich geht. Dabei geht selbst die Polizei davon aus, dass wir es mit einer Dunkelziffer von 90 % zu tun haben. Dies ist auch der Grund, warum weder der Senat noch andere Stellen seriöse Zahlen über die genaue Zahl der Opfer nennen können.
Zwei Umfragestudien von maneo 2006/7 und 2007/8 haben ergeben, dass ein Drittel der jeweils rund 25.000 männlichen Umfrageteilnehmer im jeweils vorangegangenen Jahr homophobe Gewalt oder Beleidigungen erlitten haben. Bei Jugendlichen unter 18 Jahren waren es sogar zwei Drittel. Die Zahlen für die Berliner Teilnehmer der Umfrage unterschieden sich dabei nicht vom Bundesgebiet. Eine eindrucksvolle Ausstellung von maneo zeigt die schweren körperlichen Verletzungen solcher Opfer.
Zur Gewalt gegen Lesben und Transgender gibt es wenige aktuelle Forschungen. Auch deswegen sind entsprechenden Studien Teil der Initiative für die Akzeptanz sexueller Vielfalt des Senats.
Am meisten gefährdet sind Lesben, Schwule und Transgender dort, wo sie sich offen zu erkennen geben, z. B. im Schöneberger Kiez. Von dort haben wir zahlreiche Fälle homophober Gewalttaten zur Kenntnis nehmen müssen. Häufig sind es Raubtaten, die gleichzeitig mit Beschimpfungen und körperlicher Gewalt einhergehen. Um dem zu begegnen, arbeiten das Bezirksamt und Freie Träger mit Politikern und Gewerbetreibenden eng zusammen.
Ein ganz wichtiges Gebiet der Prävention liegt bei der Bildung. Laut einer Studie im Auftrag des Lesben- und Schwulenverbandes hat die große Mehrheit der männlichen Schüler in Berliner Schulen eine schwulenfeindliche Einstellung. Schwul ist nach wie vor das häufig gebräuchlichste Schimpftwort auf den Schulhöfen.
Weil dies alles so ist, hat das Abgeordnetenhaus einstimmig die Initiative für Akzeptanz sexueller Vielfalt beschlossen und erfreulicher Weise auch finanziert. Bündnis 90/Die Grünen hatten dazu den Ursprungsantrag für einen Aktionsplan gegen Homophobie gestellt und begrüßen die nun beschlossenen Maßnahmen ausdrücklich.
Thomas Birk