Rot-schwarze Koalition ohne IT-Fahrplan
11.06.2013: Thomas Birk, Sprecher für Verwaltungsmodernisierung, sagt zur Ablehnung des Grünen-Antrags zur Umstellung auf Open-Source-Software:
Offenbar hat die Koalition kein Interesse daran, dass sich das Land Berlin IT-strategisch unabhängig macht. Zumindest hat Rot-Schwarz auf der gestrigen Sitzung des Ausschusses für Digitale Verwaltung unseren Antrag für eine zukunftsorientierte IT-Strategie (Drs. 17/0853) ohne Begründung abgelehnt. Während in München die Umstellung der Verwaltung auf Open-Source-Software (OSS) kurz vor dem Abschluss steht, herrscht in Berlin diesbezüglich Stillstand.
Dabei haben wir in unserem Antrag ein bewusst zurückhaltend formuliertes Etappenziel formuliert, das eine Umstellung von zunächst 25 Prozent der dann standardisierten IT-Arbeitsplätze bis 2018 vorsieht. Dazu sollte ein OSS-Kompetenzzentrum und eine Clearingstelle für Interoperabilitätsprobleme eingerichtet werden. Zudem hätten zwei wissenschaftliche Gutachten über rechtliche Rahmenbedingungen und die Voraussetzungen im Bereich der Server und Fachverfahren in Auftrag gegeben werden sollen. Dies wäre Grundlage für ein entsprechendes Investitionsprogramm gewesen. Dabei hätte Berlin auf die lokale Wissenschaft und Forschung sowie Softwarebranche setzen können.
Unser Antrag war bereits der zweite Versuch, den Berliner Senat auf eine klare OSS-Schiene zu bringen. Besonders ärgerlich ist die Ablehnung, weil die SPD erst auf ihrem Landesparteitag am 27. Oktober 2012 beschlossen hat, "eine Umstellung auf freie Open-Source-Software für die Verwaltung durchzuführen".
2008 hatte die CDU-Fraktion einen konkreten Zeit- und Kostenplan für eine schrittweise Umstellung auf Open-Source-Software gefordert. Das ist offenbar vergessen. Andreas Statzkowski, der damals diesen Antrag namentlich zeichnete, ist heute der zuständige IT-Staatssekretär. In der gestrigen Sitzung schwieg er und überließ die ablehnenden Worte seinem Abteilungsleiter.
Steuerungslos zeigte sich der Senat auch bei den anderen Tagesordnungspunkten zum Thema IT-Strategie. Die Koalition präsentierte einen Antrag zum standardisierten IT-Arbeitsplatz, der hinter das Niveau des Auflagenbeschlusses zum letzten Doppelhaushalt zurückfiel. Unser Versuch, durch einen Änderungsantrag offene Standards für alle IT-Arbeitsplätze des Landes Berlin zu definieren, wurde abgelehnt. Gleichzeitig konnte die Koalition nicht sagen, was sie konkret unter offenen Standards versteht. Unklar blieb auch, ob die angekündigte Einführung der flächendeckenden elektronischen Aktenführung im nächsten Doppelhaushalt etatisiert werden soll.
Was blieb, war der Eindruck: Rot-Schwarz fehlt sowohl eine zukunftsweisende IT-Strategie als auch der Wille und die Fähigkeit zur IT-Steuerung.