Controlling-Software außer Kontrolle

07.07.2010: Das Land Berlin hat acht Jahre lang insgesamt 10,3 Millionen Euro für eine Softwarelösung zum Fach- und Finanzcontrolling ausgegeben, die bisher praktisch kaum zum Einsatz gekommen ist.

Dies musste die Senatsfinanzverwaltung in einer kleinen Anfrage eingestehen (Drucksache 16/14 449.

Das Pikante: Da es sich beim Integrierten Fach- und Finanzcontrolling (IFFC) um eine Weiterentwicklung einer zehn Jahre alten Software für das Querschnittscontrolling im Projekt "Integration durch Arbeit" (IdA) handelt, gab es nie eine Ausschreibung. Angesichts der Gesamtkosten von über zehn Millionen Euro ein fragwürdiges Vorgehen.

In Folge der langen Entwicklungsphase ist die Akzeptanz von IFFC in den Bezirksverwaltungen denkbar gering. Zudem bemängeln Praktiker, dass die durch IFFC erhobenen Daten zu wenig aktuell seien, um sie zur Steuerung zu nutzen. Die Bezirke haben stattdessen zum Teil eigene Programme erstellt, um die Finanzströme im Transferbereich zu messen und zu steuern. Dazu waren sie gezwungen, denn sie haben sich in Zielvereinbarungen mit dem Senat verpflichtet, die Ausgaben im Sozial- und Jugendbereich mit dem Ziel der Kostendämpfung zu überprüfen.

Ziel des IFFC war es, über ein berlinweit einheitliches Berichtswesen die Effizienz der Sozial- und Jugendhilfeausgaben in den Bezirken zu messen und zu verbessern. Allein bis zur Pilotphase 2005 benötigte der Senat drei Jahre für die Entwicklung der Software. Dann wurde das Programm schrittweise in die Bezirke überführt und die MitarbeiterInnen entsprechend geschult.

Das Problem: Um die Transferausgaben messen zu können, müssen Schnittstellen zwischen den Fachverfahren für Soziales beziehungsweise Jugend und IFFC vorhanden sein. Genau daran scheiterte bisher der Einsatz.

Die Software für Sozialhilfe wurde zwei Jahre lang bis Sommer 2009 von PROSOZ/S auf OPEN/PROSOZ umgestellt, aber die neue Software verfügte bis März 2010 über keine Schnittstelle zu IFFC. Auch das Auslesen der Daten aus dem Softwareprogramm für Hilfen zur Erziehung, ProJUGEND, war stark eingeschränkt.

Zur Zeit wird im Rahmen der Integrierten Software Berliner Jugendhilfe (ISBJ) eine neue Fachanwendung für Hilfen zur Erziehung entwickelt, die dann auch über eine Schnittstelle zu IFFC verfügen soll. Doch die Entwicklung von "ISBJ -HzE" hinkt dem Zeitplan weit hinterher. Die Firma Siemens war bisher nicht in der Lage, eine mängelfreie Software zur Verfügung zu stellen.

Für den 16. September 2010 wurden die Themen IFFC und ISBJ von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen für die Tagesordnung des Verwaltungsreformausschusses angemeldet. Wir werden dort kritisch nachfragen, wieso das Controlling über das Controllingprogramm IFFC versagt hat und die Schnittstellenproblematik nicht früher gelöst wurde.

Fazit: Berlin braucht endlich eine IT-Strategie, die konsequent auf offene Standards setzt, damit Fachverfahren kompatibel einsetzbar sind und Millionen-Investitionen auch den gewünschten Nutzen bringen.

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