Ressorts als Beute

27.11.2006: Jahrelang diskutierte Berlin darüber, die Verwaltung übersichtlicher zu gestalten. Fast alle waren sich einig: in den Bezirken sollten die Ämter gleich zugeschnitten werden. Und auch die Ressortverteilung sollte am besten einheitlich sein. So wüssten BürgerInnen und Unternehmen: Ist vom Bauressort die Rede, dann ist sind die Ämter für Hochbau, Tiefbau, Umwelt, Grünflächen und Stadtentwicklung gemeint. Doch das waren die Sonntagsreden vor der Wahl.

Nach den Wahlen bedienen sich die Parteien wieder gern und schnippeln an den Fachressorts herum. Selbst Ämter werden auseinander gerissen. So auch in Tempelhof-Schöneberg. Der Bereich der Senioren gehört traditionell in ganz Berlin zu Soziales. Doch die CDU witterte hier ein WählerInnenpotential und schnitt sich diesen Teil aus dem Ressort der neuen grünen Sozial- und Gesundheitsstadträtin Sibyll Klotz (Grüne) heraus. Stadtrat Hapel (CDU) hat wohl vor allem gemütliche Seniorennachmittage im Blick. Die umfangreichen Fragen von Grundsicherung und Pflege dürften ihn wohl nicht so interessieren.

Die Beutejagd geht bei manchen so weit, dass einem unwillkürlich das Shakespeare-Zitat: "Lasst mich den Löwen auch noch spielen!" einfällt. So hat sich Neuköllns Bürgermeister Buschkowsky (SPD) insgesamt 15 Themenbereiche zugeschanzt, darunter neben Finanzen, Personal, Quartiersmanagement auch das Ordnungsamt, die Verwaltung aller Liegenschaften samt Hochbau und IT.

Den Vogel hat der Senat selbst abgeschossen. Von dort kam immer die Häme über die unsinnigen Ressortzuschnitte der Bezirke. Doch wegen der Machtarithmetik innerhalb der Koalition musste das Kultur- und Wissenschaftsressort von Ex-Senator Flierl zerschlagen werden. Ein Megaressort für Bildung, Wissenschaft, Jugend und Familie entstand, Kultur wanderte zum Regierenden Bürgermeister, um letztlich auf Staatssekretärsebene zu dümpeln. Um noch ein eigenständiges Ressort für Frau Lompscher (Linkspartei.PDS) basteln zu können, wurden Gesundheit und Soziales getrennt, ebenso Umwelt und Stadtentwicklung, und eine neues Miniressort Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz geschaffen. Nun dürfen tausende Angestellte und BeamtInnen umziehen und sind ein halbes Jahr mit sich selbst beschäftigt. Und der Traum von einheitlichen Bezirksressorts als Spiegelbild des Senats ist geplatzt, denn der Spiegel ist zersprungen. Drum findet sich dieses Ziel auch nicht mehr im Koalitionsvertrag.

Thomas Birk

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