Asbest: Der Senat muss handeln!
07.03.2013: Rund 48.000 Wohnungen allein im öffentlichen Wohnungsbau sollen mit asbesthaltigen Platten belastet sein.
Turbulent war die Bauausschuss-Sitzung im Abgeordnetenhaus: Vertreter der Bauwirtschaft wurden zum grünen Antrag "Asbestgefahr in Wohnungen aktuell bewerten und transparent machen" angehört. Zum Entsetzen anwesender MieterInnen und Asbestose-Erkrankten nannte Siegfried Rehberg, Technikexperte des Verbandes Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen, Asbest einen hervorragenden Baustoff, ohne den der Bau von Wohnungen noch teurer gewesen wäre. Der bisher untätige Senat sagte eine Prüfung der grünen Forderungen nach einem Gefahrstoffkataster für Wohnungen, der Information der MieterInnen und einem Asbestsanierungsplan für Wohnungen zu.
Seit Anfang 2012 machen MieterInnen im Schöneberger Norden mit grüner Unterstützung Druck auf die GEWOBAG, über Gefahren durch brüchige Asbestplatten in Wohnungen zu informieren und die fachgerechte Sanierung zu garantieren. Nach zwei Verhandlungsrunden, zuletzt mit Stadträtin Sibyll Klotz, wurde im September 2012 ein Infoblatt an die Schöneberger GEWOBAG-Haushalte geschickt und Baustoffuntersuchungen angeboten.
Rückenwind für die MieterInnen geben zwei noch nicht rechtskräftige Urteile des Landgerichts: Bei gebrochenen Vinyl-Asbest-Bodenplatten darf demnach die Miete um 10 Prozent gemindert werden. Außerdem stellte das Gericht fest, dass die GEWOBAG in einem zukünftigen Krankheitsfall in der betroffenen Familie Schadensersatz zahlen muss. Die GEWOBAG prüft bis Mai in Revision zu gehen.
Noch 2011 warb die GEWOBAG am Mehringplatz mit einer Anzeige um "Interessierte, die mit etwas handwerklichem Geschick den Fußboden selbst verlegen können", dafür könne man gern über Nettokaltmietenfrei bzw. Baumarktgutscheine verhandeln. Daraufhin kratzte eine Neumieterin für zwei Freimieten mit Freund und Eltern die Platten ab. Dass diese Asbest enthielten, verschwieg die GEWOBAG. Erst auf Nachfrage des Mieterbeirats im November 2012 flatterte das Infoblatt der GEWOBAG, dass zuvor in Schöneberg erstritten wurde, auch in die Wohnungen am Mehringplatz. Jetzt macht sich auch dort Unruhe breit.
Auch wenn die GEWOBAG hier im Fokus steht, auch die anderen Wohnungsbaugesellschaften haben ihre Informationspflichten vernachlässigt. Rund 48.000 Wohnungen allein im öffentlichen Wohnungsbau sollen die Platten enthalten, die bis 1993 verlegt werden durften und durch Entweichen des Weichmachers brüchig werden. Die Zahl bei den privaten Anbietern ist unbekannt. Es bleibt noch viel zu tun - der Senat ist am Zug.