EU ist Motor für die Gleichberechtigung von Lesben und Schwulen
25.03.2009: Warum die EU für Lesben und Schwule wichtig ist
Für mich ist eine der wichtigsten Errungenschaften der EU, dass in Europa der Schutz von Minderheiten eine enorme Bedeutung hat. Beispielsweise wurden durch mehrere Antidiskriminierungsrichtlinien die Mitgliedsstaaten gezwungen, entsprechende Gesetze auf den Weg zu bringen, die auch in Deutschland weit über dem bisherigen Standard liegen. Ohne diese Richtlinien wäre es sicher nicht möglich gewesen, die CDU dazu zu bringen, dem allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz zuzustimmen. Davon profitieren wir auch in Berlin.
Grüne Pioniere für Gleichstellung in Europa
Europa setzt sich insbesondere auch für die Rechte von Lesben und Schwulen und für deren Schutz vor Gewalt und Diskriminierung ein. Claudia Roth war die Vorreiterin im Europäischen Parlament zur Durchsetzung gleicher Rechte. Als damalige grüne Europaabgeordnete veröffentlichte sie 1994 den sogenannten Roth-Report über die Bandbreite der Diskriminierung von Lesben und Schwulen in der damaligen EG. Sie führte im gleichen Jahr eine Entschließung des Europa-Parlaments herbei, in der u. a. ein Ende der Diskriminierung bei der Partnerschaftsgesetzgebung und dem Adoptionsrecht von den Mitgliedsstaaten gefordert wurde: Sexuelle Orientierung wurde endlich als Merkmal in den Gleichstellungsartikel 13 des EG-Vertrages aufgenommen!
Die Folgen sind uns allen bekannt. In vielen EU-Ländern wurden Regelungen wie die eingetragene Lebenspartnerschaft in Deutschland oder Pacs in Frankreich eingeführt - sogar im katholischen Spanien wurde die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare geöffnet! In den neuen östlichen EU-Ländern beschleunigen die europäischen Richtlinien und Entschließungen den Emanzipationsprozess. So forderte das Europäische Parlament im Januar 2006 auch mit Blick auf Osteuropa die Mitgliedsstaaten zum Handeln gegen Homophobie auf. Inzwischen liest sich diese Entschließung allerdings auch als dringender Appell an die Bundesregierung. Einen entsprechenden Antrag haben wir in Berlin als Fraktion eingebracht und wird im April 2009 in geänderter Fassung zum Beschluss im Abgeordnetenhaus kommen.
Der EuGH setzt Maßstäbe für Lesben und Schwule
Bei meiner Arbeit als Schwulen- und Lesbenpolitischer Sprecher der Grünen in Berlin helfen mir vor allem auch die bahnbrechenden Urteile des Europäischen Gerichtshofs, der die Gleichbehandlung von Lesben und Schwulen konsequent durchsetzt. So setzte das sogenannte "Maruko-Urteil" im April 2008 Maßstäbe: Ein Witwer aus einer gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaft setzte seine Ansprüche gegen die bayerischen Versorgungskammer für Künstler durch, bei der sein Lebenspartner versichert war, weil diese Versorgung unter die Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie für Beschäftigung und Beruf fällt. Der Anspruch wurde vom Gericht rückwirkend zum 3. Dezember 2003 anerkannt, denn zu diesem Zeitpunkt hätte die Richtlinie in den Mitgliedsstaaten umgesetzt sein müssen. Bei der rückwirkenden Einführung des Familienzuschlages für verpartnerte Berliner LandesbeamtInnen nahmen sich Grüne und SPD/Linke das Maruko-Urteil zum Vorbild und wählten auch den 3. Dezember 2003 als Geltungsdatum. Das wäre ohne das Urteil vom EuGH vermutlich nicht durchzusetzen gewesen.
Ausblick: Weiterentwicklung des EU-Antidiskriminierungsrechts
Ich bin der Überzeugung, dass die EU den eingeschlagenen Weg konsequent fortsetzen und die bestehenden Gleichbehandlungsrichtlinien zu einer umfassenden Richtlinie gegen Diskriminierung zusammenfassen sollte. Dabei müssen natürlich immer noch vorhandene Regelungslücken gefüllt werden. Dies ist auch eines der Hauptanliegen der grünen Europaabgeordneten Elisabeth Schroedter. Dabei muss insbesondere der starre Geschlechterbegriff hinterfragt werden: Die Menschenrechte von Transsexuellen, Intersexuellen und Transgender sind europaweit anzuerkennen und in nationales Recht umzusetzen. In Berlin sind da mehrere Gruppen sehr aktiv, die wir in unserem Engagement unterstützen. Viel ist erreicht - aber viel ist noch zu tun!